Wir alle tragen alte Überzeugungen in uns.
„Sei nicht so egoistisch.“
„Stell dich nicht so an.“
„Wenn du geliebt werden willst, dann sei unkompliziert.“
Und plötzlich bist du erwachsen – und reagierst noch immer wie früher:
Mit einem Ja, das sich wie ein innerliches Verraten anfühlt.
Aber weißt du was?
Es ist nicht deine Aufgabe, andere zu retten, wenn du dich dabei selbst verlierst.
Emotionale Erpressung ist keine Liebe.
Es ist ein Versuch, Kontrolle zu behalten – aus Angst, aus Unsicherheit.
Das macht den anderen nicht böse. Aber es macht dich verantwortlich, dich zu schützen.
EIN BEISPIEL AUS DEM ALLTAG:
Deine Freundin fragt dich, ob du am Wochenende bei ihrem Umzug helfen kannst.
Du hattest dir eigentlich diesen einen Tag freigehalten.
Nur für dich.
Kein Müssen. Kein Reden. Nur sein.
Und dein Körper sagt sofort: Nein.
Ein leises, ehrliches Nein.
Und obwohl dein Körper mit jeder Faser „Nein“ fühlt, zögerst du mit deiner Antwort.
Und dann kommt dieser Satz:
„Ich hab sonst niemanden… Ich dachte echt, dass ich auf dich zählen kann.“
Und bumm.
Da ist es wieder.
Dein Schuldgefühl.
Du willst ja niemanden enttäuschen.
Nicht die sein, die zu wenig gibt und als egoistisch gilt.
Also sagst du: „Ja, obwohl du Nein meinst.“
Am Wochenende schleppst du Kisten, bist müde und machst gute Miene zum falschen Spiel.
Und tief in dir breitet sich eine Schwere aus.
Weil du dich wieder selbst übergangen hast.
Weil du dich schon wieder klein gemacht hast, um für jemanden da zu sein, der dich nicht fragt, wie es dir eigentlich gerade geht.
Weil du deine Grenze gefühlt – und trotzdem nicht den Mut hattest, für dich und deine Bedürfnisse loszugehen.
Und das tut weh. Immer und immer wieder.
Nicht, weil sie dich ausgenutzt hat.
Sondern weil du dich selbst im Stich gelassen hast.
Hast du auch manchmal das Gefühl „Ich kann nicht mehr?“
Du darfst heute lernen, dir zu glauben und deiner Intuition zu vertrauen.
Darfst spüren: Mein Nein ist genauso wertvoll wie mein Ja.
Du darfst dich schützen – ohne dich schuldig zu fühlen.
Du darfst du sein, ohne dich zu verlieren.
Und vielleicht beginnt genau hier etwas Neues.
Ein kleines bisschen mehr Selbstachtung.
Ein kleiner Schritt raus aus dem alten Muster.
Ein leiser, mutiger Neuanfang.
4 Comments
Ein wirklich wertvoller und so wahrer Beitrag. Gerade diese Sätze kenn ich auch nur zu gut, vor alle „ist schon gut, mach ruhig dein Ding, ich komm schon klar….“ mit Enttäuschung und Tränchen im Knopflochstimme . Danke für die Erinnerung und die Hinweise wie ich besser damit umgehen kann.
Liebe Angelina, danke für deinen wertvollen Kommentar. Oft ist uns eben gar nicht bewusst, dass es sich bei diesen Sätzen um emotionale Erpressung handelt. Wir spüren unser schlechtes Gewissen und suchen den Fehler oft gerne bei uns selbst, weil wir offensichtlich die Erwartungen des anderen nicht erfüllen konnten oder wollten. Dabei ist unser Gefühl, dass hier etwas nicht stimmt schon richtig. Nur liegt der Fehler nicht bei uns, wenn wir uns und unsere Bedürfnisse wahr und wichtig nehmen, sondern in der emotionalen Erpressung durch unser Gegenüber. Ein erster Schritt ist zunächst mal solche Situationen zu erkennen und uns dadurch der Erpressung selbstbestimmt zu entziehen. Es geht darum uns zu erlauben unsere Bedürfnisse wieder wichtig zu nehmen und dann zu lernen, unsere Grenzen liebevoll zu setzen und der emotionalen Erpressung bewusst und mit Herz den Boden zu entziehen. Danke dir 🙂
Hallo Kathrin,
vielen Dank für diesen wichtigen Artikel. Ich kann die Bauchschmerzen schon beim Lesen der Sätze fühlen. Ein weites Übungsfeld 🙂 Und so wichtig, das zu erkennen und zu lernen, bei sich zu bleiben. Nicht einfach, aber lohnenswert.
Herzliche Grüße von
Dorothee
Liebe Dorothee, danke dir für deinen Kommentar und dafür, dass du dein Gefühl mit uns teilst. wie du schon sagtest, ist das Erkennen oft der schwierigste Teil, denn wir werden ja dazu erzogen, Rücksicht zu nehmen und eigene Bedürfnisse zur Seite zu schieben, um nicht als egoistisch dazustehen. Unsere Intuition täuscht uns in der Regel nicht. Und dieses Bauchgefühl spürt lange vor dem Verstand, dass an einer Situation etwas „falsch“ ist. Wir dürfen uns wieder viel öfter erlauben diesem Bauchgefühl zu vertrauen und uns dann den Mut nehmen, mit neuen kommunikativen Strategien rund um das Thema „Grenzen setzen“ emotionaler Erpressung den Nährboden zu entziehen. Sich die Kontrolle über solche Situationen zurückholen zu können ist ein unglaublich befreiendes Gefühl. Und wie du schon sagst. Es braucht neben den Strategien eben auch Übung. Dabei wünsche ich dir und allen, die emotionaler Erpressung ausgesetzt sind, ganz viel Mut und ganz viel Erfolg. Alles Liebe Kathrin 🌸